Die glamouröse Missionarin

 
Foto: Getty Images

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Livia Firth setzt sich für Ökologie und faire Produktion in der Mode ein. Unterstützt wird die modebewusste Umweltaktivistin von ihrem Mann, dem Filmstar Colin Firth.

Nein, missionarisch wirkt sie nicht, obwohl sie durchaus leidenschaftlich für ihre Anliegen kämpft. Livia Firth will gesehen und gehört werden und die Modeindustrie zu nachhaltigerem Handeln bewegen. Wer jetzt denkt, dass die Gattin des millionenschweren britischen Schauspielers Colin Firth einfach eine Beschäftigung und ein paar Charity-Aufgaben braucht, liegt falsch. Die italienische Geisteswissenschaftlerin und Filmproduzentin ist schon seit Jahren erfolgreich auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit tätig. Aber natürlich schadet es nicht, die Frau eines Oscar-Preisträgers zu sein. Die mediale Aufmerksamkeit, die Livia Firth auf dem roten Teppich erhält, hilft sicher, wenn es um die Unterstützung ihrer zahlreichen Projekte geht. 

Ihr Mann ist wohl einer der attraktivsten und charmantesten Engländer, den man unter anderem aus den «Bridget Jones»-Filmen und der Jane-Austen-Verfilmung «Pride and Prejudice» («Stolz und Vorurteil»,2005) kennt. So vielbeschäftigt der Schauspieler, so engagiert ist seine Frau. Und so wird die Verfechterin eines modernen Ökostils nicht nur in Grossbritannien als Ikone der Nachhaltigkeitsbewegung gefeiert.

«Wir begrüssten uns mit einem Handschlag, und es war um mich geschehen.»

Das Paar lernte sich bei Dreharbeiten zur TV-Mini-Serie «Nostromo» in Kolumbien kennen. Livia war damals 25 Jahre alt; Firth, neun Jahre älter, hatte sich bereits einen Namen als Schauspieler gemacht. «Wir begrüssten uns mit einem Handschlag, und es war um mich geschehen», erinnert sich die heute 46-jährige Mutter dreier Söhne. Ein Jahr nach dem Kennenlernen heirateten sie. Beide waren politisch aktiv, und Firth ermunterte seine Frau, eine eigene Produktionsfirma zu gründen, um Dokumentarfilme zu drehen. Der Film «In Prison My Whole Life» (2008) von Marc Evans über den schwarzen Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal wurde so zum Erfolg.

In Bangladesch erlebte sie, wie Arbeiterinnen in Sweatshops ausgebeutet werden.

Doch das Produzieren von Filmen genügte Livia Firth nicht. Zusammen mit einer britischen Journalistin unternahm sie im Jahre 2009 eine Reise, die der Grundstein zu ihrem weiteren Engagement wurde. In Bangladesch erlebte die Umweltaktivistin, wie Arbeiterinnen in sogenannten Sweatshops ausgebeutet werden. Livia Firth war damals im Auftrag von Oxfam, einem unabhängigen Verbund von verschiedenen Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, die sich für eine gerechtere Welt ohne Armut einsetzen, undercover in einer Textilfarm. In einem Interview mit dem Magazin «Vogue» sagte sie über diesen Einsatz: «Was ich dort sah, war schrecklich. Ich konnte nicht glauben, dass wir Konsumenten so etwas zu verantworten haben.» Sie kam nach Hause und wollte nicht zur Tagesordnung übergehen. Vier Jahre später, im Jahr 2013, brach übrigens genau diese Textilfarm, das achtstöckige Gebäude der Rana Plaza Garment Factory, zusammen, wobei 1127 Menschen getötet und 2438 verletzt wurden. 

Bedürfnis der Menschen, mehr über Herkunft und Herstellung von Textilien zu erfahren.

Livia Firth hatte schon früh einen guten Riecher, wenn es um gesellschaftliche Trends geht. Sie spürte das wachsende Bedürfnis der Menschen, mehr über Herkunft und Herstellung von Textilien wissen zu wollen. Zusammen mit ihrem Bruder Nicola Giuggioli gründete sie darum die Firma Eco-Age, die Unternehmen bei der nachhaltigen Produktion unterstützt. Und dies auch im High-End-Fashion Bereich. Als ihr Mann 2010 eine Golden-Globe-Nominierung für seine Rolle in «A Single Man» bekam, beschloss sie, auf allen roten Teppichen der Award-Saison nur ethisch korrekte Outfits zu tragen. Die Aktion war ein voller Erfolg, die Fotos gingen um die Welt und bewiesen, dass Glamour und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sein müssen. Ihre Auftritte trugen ihr den Titel «The Queen of the Green Carpet ein». Unterstützt wird Firth durch Stars wie Meryl Streep, Cameron Diaz und Javier Bardem, die bei Auftritten immer wieder nachhaltig produzierte Outfits tragen. Firth ist überzeugt, dass ihr die Menschen auf diese Weise zuhören, wenn es um Umweltthemen geht. Und die Frage nach einem Auftritt nicht mehr ist: «Welchen Designer hast du getragen?», sondern «Was hast du getragen?»

Vom roten zum Green Carpet.

Der «grüne Teppich» ist inzwischen zur «Green Carpet Challenge» (GCC) des Unternehmens Eco-Age geworden. Stella McCartney war die erste grosse Designerin, die eine komplette Green-Carpet-Kollektion entwarf. Eco-Age arbeitet auch mit grossen Labels und Designern wie Gucci, Chopard, Narcisco Rodriguez, Sergio Rossi, Zegna, Armani und Tom Ford zusammen.  

Livia Firth ist bewusst, dass es äusserst schwierig ist ein System zu ändern. «Ich bin sehr geduldig», sagt sie. «Rom wurde auch nicht in einem Tag aufgebaut», sagt die geborene Römerin. Auch wenn man nicht alles auf einmal verändern könne, gebe es mindestens eine neue Aufmerksamkeit für das Thema Nachhaltigkeit. Aufmerksam wurde man auf Livia Firth auch bei der letztjährigen Met-Gala in New York, wo sie in einer roten Antonio-Berardi-Robe aus Newlife-Garn, einem Material, das aus recycelten Plastikflaschen gewonnen wird, für Schlagzeilen sorgte.

Auch als Filmproduzentin von sich reden gemacht.

In letzter Zeit hat die Umtriebige auch wieder als Filmproduzentin von sich reden gemacht: In «The True Cost» geht es darum, wie Mensch und Tier wegen unserer Gier nach günstigen Textilien leiden müssen. Und dieses Engagement teilen inzwischen auch andere. So investiert Francois-Henri Pinault, CEO des Modeund Accessoires-Luxusunternehmen Kering (Gucci, Bottega Veneta, Stella McCartney) schon sehr viele Millionen in sogenannte öko-freundliche Brands. 

Warum aber trägt eine emanzipierte Frau wie Livia Firth den Nachnamen ihres Ehemannes? Die Lösung ist einfach. «Mein Mädchenname ist Giuggioli. Für englischsprechende Menschen ist es unmöglich, den Namen auszusprechen, sagte Firth kürzlich in einem Interview mit dem US-Magazin «Vanity Fair». «Aber in Italien sind wir immer noch Colin und Livia Giuggioli!»